Einstimmung

Start in der Nacht

Nach dem nächtlichen Start in Stuttgart Bad Cannstatt führt der Prolog der Cannstatt-Carthago-Classic auf vorgeschlagener Route Richtung Süden zum Fährhafen von Genua. Je nach Wetterlage wird gegebenenfalls kurzfristig entschieden, welche Pässe zur Überquerung der Alpen genutzt werden.

Ein Tag auf dem Meer

La Goulette

La Goulette, der Hafen von Tunis

Nach der rund 24-stündigen Schiffspassage erreichen die Teilnehmer der Cannstatt-Carthago-Classic am zweiten Tag der Rallye die tunesische Hauptstadt Tunis und bringen eine kurze Verbindungs-Etappe nach Hammamet hinter sich. Die ins Mittelmeer ragende Halbinsel Cap Bon, in deren Südosten Hammamet als einer der beliebtesten Badeorte liegt, gilt mit seinen feinen hellen Sandstränden und Palmen-Panoramen als Touristen-Paradies.

Ins Landesinnere

Paul Klee: Ansicht v. Kairuan, 1914

Paul Klee: Ansicht v. Kairuan, 1914

August Macke: Kairouan (III), Aquarell, 1914

August Macke: Kairouan (III), Aquarell, 1914

Am dritten Tag sind bis Kairouan, in der Landessprache Al Qairawan, rund 200 Landstraßenkilometer zu absolvieren. Zunächst durch die fruchtbare Landschaft des Sahel in Küstennähe verlaufend, knickt die Route bald nach Südwesten ab, wo die Gegend karger wird. Kairouan, das Etappenziel, war lange eines der Zentren islamischer Gelehrsamkeit. Die Stadt steht mit ihren Moscheen auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes, und vor 100 Jahren ließen sich auf ihrer Tunesien-Reise schon August Macke und Paul Klee von fremden Formen und der Intensität der Farben berauschen. „Die Farbe hat mich… Ich bin Maler“, schrieb Klee in Kairouan in sein Tagebuch.

In die Berge, wo der Krieg der Sterne tobte

Patio eines Hauses in Matmata

Patio eines Hauses in Matmata

Zwischen Kairouan und dem Ziel des nächsten Tages, Matmata, liegen 350 Landstraßenkilometer. Auf schmalem Asphaltband legt sich der Weg durch die unwirklich wirkenden Kraterlandschaften des Dahar-Gebirges, das bis zum Rand der Sahara reicht. In den weichen Fels geschlagene Erdwohnungen geben dem Berberort Matmata im Südosten Tunesiens sein besonderes Gesicht. So besonders, dass George Lucas in diesem Umfeld einen Teil seines Epos „Krieg der Sterne“ verfilmte. Eines der alten Erdgebäude Matmatas diente als Kulisse für Luke Skywalkers Heimat Tatooine.

Zu den Felsenschlössern

 

Ksar Ouled Soltane

Ksar Ouled Soltane

Tataouine heißt nach 200 Kilometern Fahrt das Ziel des fünften Tags der Cannstatt-Carthago-Classic. In der Sprache der Berber bedeutet der Name der Stadt „Wasserquelle“, die Franzosen gaben der Siedlung den Beinamen „Tor zur Wüste“. Und beides verweist auf den Charakter der Gegend um Tataouine, einem Zentrum des Tourismus: In Grau, Gelb, Ocker und Orange und nur selten grün gesprenkelt liegt die wüstennahe Felslandschaft unter dem satt blauen Himmel Südtunesiens. In und um Tataouine warten als charakteristische Attraktionen der Gegend die enormen Wüstenschlösser der Berber. Sie legten die sogenannten „Ksours“ oder „Ksars“ festungsähnlich an, um dort Kornvorräte zu sichern und sich in den darunter gelegenen Behausungen vor Angriffen zu schützen.

In den Jebil-Nationalpark

Kleinkastell Tisavar in der Nähe von Ksar Ghilane

Kleinkastell Tisavar in der Nähe von Ksar Ghilane

Nach Westen führt die Strecke die Teilnehmer der Cannstatt-Carthago-Classic in den vom Gesicht der Wüste geprägten Nationalpark Jebil. An dessen Rand liegt der kleine Ort Ksar Ghilane, den die Teilnehmer nach rund 200 Rallye-Kilometern, zum ersten Mal einige davon über Schotter, erreichen. Wie eine Fata Morgana erscheinen über dem Dünenmeer des östlichen Erg die Überbleibsel eines Römischen Forts, später französische Festung. In ihrer Nähe entstand die kleine Siedlung Ksar Ghilane, Pistenkreuzung und Oase im goldgelben, sandigen Nichts der Wüste. Dort wird die Rallye zur Halbzeit einen Ruhetag einlegen, der sich je nach Laune verbringen lässt. Neben Ausspannen und Faulenzen bietet Ksar Ghilane eine Reihe von Attraktionen, von denen der Ritt auf dem Kamel nur eine ist.

Salz, Salz, Salz!

Durch Bakterien gefärbte Salzlaken am Chott el Djerid

Durch Bakterien gefärbte Salzlaken am Chott el Djerid

Wasserfall in Tamerza

Wasserfall in Tamerza

Über Bergstraßen, alte Militärpisten und einige geschotterte Abschnitte erreicht die Canstatt-Carthago-Classic am Abend der nächsten Etappe Tamerza, gelegen inmitten steil aufragender, karger Berge. Distanz an diesem Tag: rund 250 Kilometer. Aus der Oase Ksar Ghilane orientiert sich die Rallye Richtung Nordwesten, passiert bei der Stadt Douz ein weiteres Tor zur Wüste und erreicht bald darauf den Chott El Jerid. So abenteuerlich die Passage der trockenen Salzseen am Rande der Sahara früher gewesen ist, so spannend und faszinierend ist sie noch heute. Auf einer leidlich ausgebauten Straße aber weit weniger beschwerlich, als es Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar hatten, die den Jerid im ersten Band von Karl Mays Orient-Romanen überqueren. Keine 20 Meter über dem Meeresspiegel gelegen breitet sich das Chott El Jerid über eine Fläche von rund 70 mal 120 Kilometern aus. Je nach Lichteinfall als schneeweiß glitzernde Ebene, rosa schimmernd oder hellblau flimmernd.

In die Mitte

Gafsa

Gafsa

Bergpassagen und großartige Panoramen machen die Besonderheit der 180 Kilometer langen Strecke von Tamerza nach Gafsa aus. Als „Capsa“ schon im zweiten Jahrhundert vor Christus von den Römern gegründet, liegt die Stadt mit heute etwa 85000 Einwohnern im Zentrum von Tunesien und am Rand des gebirgigen Bou Hedma Nationalparks. Zu den Hauptattraktionen Gafsas zählt neben antiken Mosaiken vor allem das grün schimmernde, 30 Grad warme Wasser der Thermalquellen. Schon die Römer erschlossen die Quellen als Bäder, und noch heute sind die Becken für jedermann zu nutzen. Um sie herum liegt mit einigen schönen Gassen die Altstadt Gafsas.

1001 Nacht

Die Große Moschee von Kairouan

Die Große Moschee von Kairouan

Am neunten Tag steuert die Cannstatt-Carthago-Classic zum zweiten Mal Kairouan an. Zwischen dem Startort Gafsa und Kairouan, genannt auch die Stadt der 400 Moscheen und viertheiligste Stadt des Islam, liegen etwa 250 Kilometer Strecke, die meisten asphaltiert, wenige über eine gut befahrbare Piste. Der zweite Besuch der einstigen Metropole des arabischen Nordafrikas – im Islam heißt es, dass sieben Besuche Kairouans einem Mekkas entsprechen – führt zurück in jene komplett ummauerte Stadt, in der sich Paul Klee vor 100 Jahren als eins mit der Farbe erlebte. In vielen der Bilder, die Klee in Kairouan wie im Rausch malte, finden sich die Geometrie der Architektur, das Strahlen der Farben, die Muster der in Kairouan gewebten Teppiche wieder. Als noch urtümlicher als die von Tunis gilt die Medina Kairouans. Wird sich Paul Klees begeisterter Eindruck wohl nachvollziehen lassen? Er sah in der Altstadt Kairouans „ein Extrakt aus Tausendundeiner Nacht, durchdringendes und berauschendes Aroma, gleichwohl erleuchtend.“

Eine letzte Etappe

Die für Sidi Bou Said typischen weiß-blauen Gebäude

Die für Sidi Bou Said typischen weiß-blauen Gebäude

Sidi Bou Said, das Künstlerdorf nordöstlich der Hauptstadt Tunis, markiert das Ziel der letzten Tages-Etappe der Cannstatt-Carthago-Classic. Noch einmal gilt es für die Teilnehmer, in einem langen Bogen am Golf von Hammamet vorbei um die 250 Kilometer zu bewältigen, bis am Abend das Dorf am Felsen von Karthago, hoch über dem Meer gelegen, erreicht ist. Sidi Bou Said gilt als schönster Ort Tunesiens, und nach den Strapazen von Tausenden Rallye-Kilometern empfängt es die Teilnehmer der Cannstatt-Carthago-Classic mit mediterraner Wohlfühlatmosphäre. Knallweiß die Häuser, strahlend blau die Läden und Türen, türkis das Meer, eine Sicht bis rüber zum Cap Bon. Und in direkter Nähe die Ruinen des antiken Karthago, einst eine der mächtigsten Städte im Mittelmeerraum. Phönizier gründeten die Handelsniederlassung 814 vor Christus, die Römer zerstörten die Stadt und bauten sie wieder auf. Im zweiten Jahrhundert nach Christus wuchs Karthago mit 300 000 Einwohnern zur viertgrößten Stadt des Römischen Reiches. Heute ist Karthago ein nobler Villenvorort von Tunis und Standpunkt des Präsidentenpalasts.

Zur Fähre, nach Hause

Nur ein paar Kilometer liegen zwischen Sidi Bou Said und dem Fährhafen von Tunis, La Goulette. Von dort wird am späten Vormittag die Fähre nach Marseille ablegen. Rund 22 Stunden wird die Überfahrt dauern, die die Teilnehmer der Cannstatt-Carthago-Classic mit ihren Autos zurück nach Europas bringt.